27. Juli 2009 | Kick,News | Kommentare deaktiviert für Bundesliga live: Liga total!

Bundesliga live: Liga total!


Tja, unter dem Titel „Bundesliga live: Liga total!“ und unter dem sehenswerten Bundesliga-Tore-Video folgt bei uns keine Propaganda wie „Wollt ihr den totalen Fußball?“. Werbung für digitalen Live-Fußball gibt es ja schon überall. Eine schöne subjektive Bundesliga-Vorschau auf die Bundesliga 2009/2010 gibt es noch viel zu wenig, zumindest im Internet. Kicker-Bundesliga-Sonderheft und 11Freunde-Bundesliga-Sonderheft sind natürlich im Print State of the Art, da wollen wir hier gar nicht erst versuchen, auf Avantgarde zu machen. Mehr so auf dicke Hose. Als ob wir Ahnung von Fußball hätten…

Die FANartisch-Bundesliga-Vorschau 2009/2010:

VfL Wolfsburg 2009/2010
Beim Deutschen Meister aus Wolfsburg stellt sich vor der neuen Saison eigentlich nur eine Frage: Kann der neue Trainer Armin Veh das, was die Mannschaft unter Magath an Siegermentalität und Erfolgshunger in der Rückrunde zeigte, mit dem fast unveränderten Kader ebenfalls auf den Platz bringen? Oder ist alles doch weniger Kopfsache als eine Frage der Fitness? Magaths Meisterhügel ist jedenfalls noch da in der Autostadt. Magaths Schatten auch… Und zum ersten Mal kommt in Wolfsburg auch die Champions League zu Besuch. Macht sich neben Porsche bestimmt auch gut unter dem VW-Konzerndach, so eine Champions League. Wie stehen die Aktien…?

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Bayern München 2009/2010
Der Grinsemann ist weg, aber Louis van Gaal gibt sich alle Mühe, die Vorurteile der ernsten Götterdämmerung aus Holland in Münchens Mediendschungel gleich von Beginn an ein wenig aufzubrechen. „Kann Spuren von Humor und Lockerheit enthalten“, müsste auf der neuen Van-Gaal-Verpackung stehen. Müssen die Münchner Medien erst mal schlucken. Auf dem Platz ist die Handschrift von van Gaal dagegen schon jeden Tag deutlicher zu sehen, und selbst wenn taktisch und spielerisch noch viel Arbeit vor dem FC Bayern liegt, ist der Respekt der Mannschaft vor dem neuen Trainer auf dem Platz deutlich zu erkennen. Disziplin, Monsieur Ribery! Neben der pubertären Wegwill-Phase des genialen kleinen Franckzosen hat van Gaal auch die Torwartfrage geerbt, mit Mario Gomez, Anatoliy Tymoshchuk und Ivica Olic aber Qualität in Mittelfeld und Sturm hinzubekommen. Mit dem Weggang von Lucio und Ze Roberto hat der Kader in der Defensive auch einiges an Dynamik und Erfahrung verloren. Das darf nun auch Holger Badstuber in der Abwehr auffangen. Badstuber. Ein grundsolider Name wie Beckenbauer und Schwarzenbeck. Badstuber. Merken!

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VfB Stuttgart 2009/2010
Stuttgart bekommt erst mal nur dann einen neuen Trainer, wenn Markus Babbel den Trainerschein in der Tasche hat, die A-Lizenz zum Inner-Bundesliga-anner-Seitenlinie-Rumfuchteln. Sieht man bei Teamchef Babbel aber extrem selten, das Rumfuchteln. Der Mann ist tiefenentspannt, hat Nerven wie Drahtseile und überträgt auf sein Team diese Zuversicht, dass nix schiefgehen kann. Sieger-Gen nennt das die Journaille gern. Und während Porsche die Eigenständigkeit verliert, gewinnt der VfB seine finanzielle Beweglichkeit in ganz neuen Dimensionen zurück. Schulden und Verbindlichkeiten sind spätestens mit dem Gomez-Transfer Schnee von gestern. Nur der passende Ersatz, der ist verdammt schwer zu kriegen. Trotz Champions-League-Quali. Vielleicht kann Jens Lehmann ja noch einen Stürmer aus London mit dem Hubschrauber einfliegen. Sonst muss es Alessandro Riedle richten… (Ja genau, der Sandro Riedle, Sohn eines gewissen Karl-Heinz Riedle.)

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Hertha BSC 2009/2010
„Ohne Dieter Hoeneß is allet wumpe!“ — diesen Satz hat bis jetzt noch kein Hertha-Fan öffentlich ins Mikro getrötet. Noch nicht. Denn bislang wird eher „Und wer macht jetze den Pantelic?“ oder „Woronin war dit geilste Pony, wa ey!“ zum Besten gegeben. Nachtrauern für Fortgeschrittene. Aber mittlerweile hat man wenigstens kein Problem mehr, in Berlin einen äußerungswilligen Hertha-Fan zu finden. Wer nicht für Hertha ist, ist gegen Hertha. Die alte Dame polarisiert wieder in Berlin. Selbst Campino, der Mick Jagger des Deutsch-Punks, schlüpft beim Toten-Hosen-Konzert schon mal ins Hertha-Trikot mit dem fetten roten Deutsche-Bahn-Logo. Fortuna ist der Hertha hold? Jein. Simunic ist auch weg. Nachtrauern will eben gelernt sein. Das gilt für die einmalige Chance auf die Deutsche Meisterschaft ebenso wie für Dieter Hoeness. Das wird sich aber erst zeigen, wenn der erste Finanzjongleur vom Hertha-Drahtseil kippt, weil er das sehr schwer auszubalancierende Hauptstadt-Gleichgewicht zwischen Größenwahn und Schulden verloren hat. Da liegen dann die Bälle längst ganz flach in der Manege. So wie der Hoeneß-Dieter muss man das nämlich auch erst mal hinkriegen in diesem HaHoHe-Zirkus… Europaleague hilf!

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Hamburger SV 2009/2010
Europaliga. In letzter Minute. Eine Last-Minute-Reise aus dem Abseits, die dem HSV die Saison halbwegs gerettet hat. Die alte und die neue. Nicht auszudenken, welche Grundstimmung Bruno Labbadia sonst beim Trainingsauftakt erwartet hätte. So ein Bremen-Syndrom will ja auch erst mal verarbeitet sein. Selbst die bestsortierte Internetapotheke hat noch kein Kraut dagegen. Da hilft nur Zeit, die ja bekanntlich … Lebensfloskeln müssen auch im Fußball alle Wunden heilen. Und ohne da was klinisch hochzusterilisieren: Bruno Labbadia kennt sich aus mit Floskeln! Dukaten-Didi Beiersdorfer kannte sich dagegen aus mit Transferüberschuss. Der könnte dem HSV nun bald fehlen, wenn er auf dem Transfermarkt so weitermacht: Ze Roberto, Marcus Berg, wahrscheinlich Rozehnal – dagegen ist Robert Tesche aus Bielefeld ein Schnäppchen. Was der HSV an Geld verliert, gewinnt der Kader an Qualität hinzu. Einen Spieler wie Ze Roberto hatte man im defensiven Mittelfeld der Hamburger noch nie und wird ihn auch nicht mehr lange haben, es sei denn man findet in einem alten Schuppen im Volkspark neben den ollen Autowachskanistern noch ein paar Töpfchen mit der Verjüngungscreme von Tony Yeboah. Marcus Berg ist der ideale Olic-Nachfolger, wobei allerdings der eine kostet, was der andere nicht an Ablöse gebracht hat. Das war’s dann erst mal mit dem Transferüberschuss. Aber das Europa-League-Endspiel 2010 ist ja bekanntlich in Hamburg…

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Borussia Dortmund 2009/2010
Lucas Barrios statt Luca Toni! Die Hacker, die sich auf den BVB-Seiten verewigten, konnten ja auch nicht alles wissen. Zum Beispiel dass der Luca jetzt lieber mit dem Franck ein eigenes Team beim FC Bayern aufmacht, das sich „Die 2 (Trainingsrückständler)“ nennt [mannschaftsintern: „Die zwei Zipperleins“]. Solche ewigen Zusammenhocker gibt es bei Borussia Dortmund nicht mehr, seit Jürgen Klopp den Kader nach seinen Vorstellungen auf links zieht. 100 Jahre BVB 09, aber alles neu macht der Kloppo, auch in Sachen Siegesserien. Da gehen ne Menge BVB-Dauerkarten raus wie geschnitten Currywurst, BVB-Fan identifiziert sich wieder gern mit der neuen Borussia und dem Brillenträger des Jahres Jürgen Klopp. Ein verbaselter Alexander Frei wird fehlen, ein länger ausfallender Sebastian Kehl allerdings noch mehr. Aber jetzt ist ja Lucas Barrios da, der argentinische Welttorjäger. Hinten die „Bravo Sport“- und „Bravo Girl“-Abräumer als Starschnitt mit Neven Subotic und Mats Hummels, spielstarkes Mittelfeld und eine neue Wunderwaffe im Sturm — kein Wunder, dass in der Biermetropole beim Pils noch blumiger von besseren Zeiten geträumt wird. Vollmundiges Träumen in Dortmund. Wen juckt da schon der realfußballistische Vierjahresplan von Meister Magath auf Schalke…

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1899 Hoffenheim 2009/2010
Demba Ba darf weder flirten noch wechseln, das ist die gute Nachricht, nicht nur für den Hoffenheim-Fanclub (jaha, gibt es!) der Demba-Bären (vom Namen her fast so gut wie die Zeugen Yeboahs aus Frankfurt). Obasi, Ba, Ibisevic bleiben alle drei zusammen, was nach der sensationellen ersten Hinrunde und auch nach der desaströsen ersten Rückrunde der Hoffenheimer in der Bundesliga eine famose Leistung ist. Erstklassig geführt, der Club aus dem Kraichgau mit dem legendären Gründungsjahr 1899, da machste nix dran, da kann man schon mal 110 Jahre TSG Hoffenheim feiern. Und die finanzielle Substanz ermöglicht es dem Upperdog-Dorf, sogar noch spielerische Substanz nachzulegen und den Kader sukzessive zu verstärken. Prognose: Da werden die Erfolgsfans von Hoffenheim im Herbst wieder wie Pilze aus dem Boden schießen und die genervten Kollegen fragen, wie das eigentlich genau funktioniert mit dem Abseits. Auch wenn es nicht mehr zur Herbstmeisterschaft reicht…

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FC Schalke 2009/2010
Es wird sich wieder übergeben auf Schalke. Nicht wegen einer Vier-Minuten-Meisterschaft, nicht wegen eines Flugzeug-Banners. Uli Hoeness oder der Schalker Kreisel sind es auch nicht schuld. Gekotzt wird wieder vor Erschöpfung, nach Trainingseinheiten von Felix Magath, in denen die Schalker Spieler härter denn je arbeiten, wieder qualvoll lernen, wo der FC Schalke 04 herkommt, was der FC Schalke 04 bedeutet, dass der FC Schalke 04 immer noch ein Malocher-Verein ist, wenn er will. Zwar liefert Gazprom ja auch irgendwie neokapitalistische Kohle, aber entscheidend ist, was man draus macht. Alle Macht dem Magath! Mit Magaths Planwirtschaft zur Meisterschaft, innerhalb der nächsten vier Jahre. Erstes Jahr: Kader anschauen, darwinistische Trainingsauslese. Felix Magath wird es sogar völlig egal sein, ob man im ersten Jahr in der Tabelle wieder hinter Dortmund landet. Entscheidend sind die nächsten Jahre, in denen eine kontinuierliche Entwicklung zum Erfolg erkennbar sein muss, physisch und psychisch. Meister Magaths Maxime ist die Internationale, das internationale Geschäft. Und ganz oben stehen seine Prinzipien. Zum Beispiel nicht weich zu werden, schon gar nicht, wenn es um Transfers von fest eingeplanten Leistungsträgern zu Konkurrenz geht. Auch dann nicht, wenn der FC Bayern dreimal klingelt. Neuer Wind auf Schalke…

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Bayer Leverkusen 2009/2010
Neue Trainer überall. Bei der Trainer-Tombola ist Leverkusen zwar Brüno losgeworden, hat aber auch mit Jupp einen Trainer der ganz alten Schule gezogen. Und das nicht, weil Udo, Kalli und Erich gerade keine Zeit hatten… Ob die jungen Wilden von Bayer Leverkusen mit einem alten Haudegen wie Jupp Heynckes zurechtkommen? In einer Medienlandschaft wie Leverkusen könnte sich Don Jupp eigentlich pudelwohl fühlen — wenn Leverkusen nicht so nah bei Köln läge. Zwar ist der Express bekannt für die phantasievollste FC-Berichterstattung, aber gerade auch über Bayer denken sich die Kölner Boulevard-Könige gern knackige Schlagzeilen aus. Die Leverkusener haben mit der Verpflichtung von Jupp Heynckes ein Signal gegen all die Respektlosigkeiten der Ära Labbadia gesetzt. Und auch der spektakulärste Neuzugang flößt Respekt ein: Sami Hyypiä vom FC Liverpool — und hebt ein wenig den Altersdurchschnitt der Mannschaft. Erfahrung, die Bayer nicht nur auf der Trainerbank gut gebrauchen kann. Und wenn dann erst mal die neue BayArena fertig ist, könnte man ja mal wieder ein echtes Heimspiel gewinnen. Der Song „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“ wird bei der Einweihung unterm neuen Bayer-Kreuz sicher nicht gespielt…

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Werder Bremen 2009/2010
Wie Werder Bremen in Zukunft ohne Diego spielt? Gibt es überhaupt noch Fußball an der Weser ohne Diego? Die Antwort ist ebenso simpel wie ernst gemeint: Wenn der Gegner nicht gerade den kleinen Marin im Kabinengang an die Decke klebt, könnte Özils linke Klebe das passende Pendant zum Pattex-Dribbler sein. Wenn Marko Marin denn mal den Ball abspielt… Aber das lässt sich ja alles trainieren, und wenn einer aus dem Effeff weiß, welches Training die Bremer brauchen, dann ist das Thomas Schaaf, der weiß es im Schlaf. Mertesacker (1,98m) gegen Marin (1,69m in Buffalos) zum Beispiel beim One on One: Basketball zum Aufwärmen. Frings gegen Wiese: Frisuren-Tuning für Fortgeschrittene. Naldo gegen Borowski: Wer kann Freistöße am härtesten übers Tor schießen? Tosic gegen Boenisch: Wer zuerst vors Tor flankt, hat gewonnen (Stunden später…). Undsoweiter. Der Phantasie von Thomas Schaaf sind da keine Grenzen mehr gesetzt. Der Disziplin von Torsten Frings auch nicht: Der ist nach Baumanns Karriere-Ende jetzt nämlich Kapitän. Und hat da voll Bock drauf auf Vorbildfunktion, Verantwortung und so, der Gärtner. Oder wie ging der Satz mit dem Bock und dem Gärtner noch mal? Jogi Löw wird das jedenfalls sicher gern gehört haben. Und sich in den Schlaf gelacht…

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Hannover 96 2009/2010
Wie kriegt man bloß das Mittelmaß aus Hannover 96? Oder wie kriegt man bloß Hannover 96 aus dem Mittelmaß? Das sind so Fragen, über die Vereinsboss Montgomery Burns Martin Kind in Lösungen nachdenkt, nicht in Problemen. Schließlich verspricht ein seriöses Rumtricksen mit der 50+1-Regel den Stein der Weisen. „Heureka!“, wird es ihm aus den Kehlen der 96-Fans trotzdem nicht tausendfach entgegenschallen, wenn Martin Kind erst mal die richtige Formel für die Veräußerung von Fußball gefunden hat. Bis dahin bleibt Hannover 96 noch ein ganz normaler Fußballverein, zu gut für die 2. Liga, nicht gut genug für die großen Fleischtöpfe. Ob Manager Schmadtke das Zeug hat, gemeinsam mit Trainer Hecking daran etwas zu ändern, wird sich zeigen. Schließlich hat das Aachener Erfolgsmodell einst zwar bestens funktioniert, aber 1. auf einem anderen Niveau und 2. ohne Martin Kind. Aber vielleicht bleibt man in Hannover ja auch einfach mal vom Verletzungspech verschont. Martin Kind könnte dafür auch in ganz anderen Lösungen denken, zum Beispiel über die Verpflichtung eines Schamanen nachdenken, eines Medizinmannes, der mit einem einzigen Tänzchen die bösen Geister vertreibt. Und vielleicht auch gleich noch das Mittelmaß…

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1. FC Köln 2009/2010
Kaum kommt der eine Messias als verlorener Sohn zurück in die Domstadt, geht der andere Messias verlustig. D.h. so lustig war der Abgang von Christoph Daum nun auch nicht, besonders der Zeitpunkt riss viele Kölner aus ihren rosaroten Effzeh-Träumen. Wo die Enttäuschung so groß gewesen ist, muss die Liebe auch sehr groß gewesen sein, analysierte Philosoph Daum posttraumatisch. Nun lastet der Druck und all die kölsche Vorfreude und Hoffnung noch mehr auf den Schultern jenes beidfüßigen Schießwunders vom Rhein. Poldi-Party für Lukas Podolski, am besten all night and all day long, 24/7. Poldi-Karneval, ganzjährig. Mit mindestens Uefa-Cup oder Dingen hier, Euro-League oder wie dat da heißt. Wenn nicht Schampus-League. Aber ein Lukas Podolski will eben auch im Sturm gut eingesetzt sein, gefüttert mit Pässen und Flanken, sonst verhungert der kölsche Jong noch. Ob ausgerechnet ein Stürmer-Typ wie Podolski langfristig zu einem wie Novakovic passt, muss den Beweis ebenfalls erst noch antreten. Und so ist und bleibt der 1. FC Köln unter Trainer Zvonimir Soldo die große Wundertüte der Bundesliga, mit großer überschäumender Fan-Brause und Gefühlsduselei und möglicherweise zwangsläufig enttäuschten Erwartungen. High Hopes. Oder was sonst haben Barack Obama und Lukas Podolski gemeinsam, diese beiden Superhelden…

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Eintracht Frankfurt 2009/2010
So richtig fieses graues Mittelmaß kommt schleichend wie eine Krankheit. Nicht mit Fieber und einem Knall wie die Schweinegrippe. Langsam, aber sicher. Die Eintracht-Fans sind gegen Mittelmaß immun, zumindest was ihre eigenen Leistungen in Sachen leidenschaftlichem Support betrifft. Gegen schlechte Leistungen ihres hessischen Herz-und-Seele- und Leib-und-Magen-Vereins sind aber selbst die besten SGE-Fans nicht immun. Ob für die Mannschaft nun ausgerechnet der Austausch von Friedhelm Funkel durch Michael Skibbe das Gegenmittel gegen Mittelmaß ist, wird sich zeigen. Wird sich zeigen müssen. Zwar führt Heribert Bruchhagen die einstige Diva vom Main nun schon seit Jahren sicher durch grundseriöse Fahrwasser, doch damit ist Eintracht Frankfurt auch der Glanz des Spektakulären abhanden gekommen. Langsam, aber sicher. Sicher, Seriosität ist ein wertvoll Gut in einer Banken-Metropole, zurzeit vielleicht mehr denn je. Aber ein bisschen mehr Bang Boom Bang dürft schon sein, findet der geneigte Fußball-Fan. Ein bisschen mehr Spritzigkeit wie beim Äppler, ein bisschen mehr Musike wie im Handkäs, ein bisschen mehr Farbe wie in grüner Soß. Und ein bisschen mehr Leidenschaft wie beim ollen Goethe. Und das Ganze am besten intravenös, gegen das Mittelmaß…

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VfL Bochum 2009/2010
Kohle. Zu viel zum Absteigen. Meistens. Zu wenig zum Neururern.* Ohne Hauptsponsor wäre es noch enger geworden. Zum Glück ist Netto eingesprungen, nach Kick der zweite Qualitätsdiscounter (Plus ist ja schon länger her) in kurzer Folge auf den modisch traditionell ganz weit vorn anzusiedelnden Bochum-Trikots. Aber ja doch, es gibt auch Geschmack in Bochum: Hier gibt es immerhin die beste Currywurst des Ruhrgebiets (Dönninghaus), jaja, besungen von Herbert „Du bist ne ehrliche Haut“ Grönemeyer. Ne ehrliche Haut aus Beton ist auch das Bochumer Ruhrstadion, offiziell Rewirpower sein Stadion. Ein Stadion, keine Arena und erst recht kein Park. Das ist wichtig in Zeiten der Eventisierung, nicht nur aus nostalgischen Gründen. Aus rein pragmatischen. In so nem echten Fußballstadion macht Fußballgucken einfach mehr Spaß. Sogar den Masochisten, die sich Wochenende für Wochenende als VfL-Fans verkleiden, um ihre Leidensfähigkeit in der wohl größten nicht-anonymen Therapie-Gruppe zu diskutieren. „Ja, Hallo, ihr Neulinge! Ich bin der Ben, ich bin schon länger dabei…“ – „Ja, und ich bin der Frank, ich gehöre hier praktisch zum Inventar. Stellt euch doch mal bitte vor und sagt dazu, wie viele Nichtabstiege ihr schon gefeiert habt!“ – „Und um wie viele Jahre ihr dabei gealtert seid“, möchte man noch ergänzen. Dieses Jahr gibt’s wieder ein paar Hundejahre obendrauf, für Ben, für Frank und alle anderen…

*Neururern, das: Leicht größenwahnsinniges Auf-dicke-Hose-Machen, oft in Verbindung mit Über-sich-selbst-in-dritter-Person-Reden. Endet mit Glück im Uefa-Cup (neuerdings Europa League), mit Pech auf dem Arbeitsamt…

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Borussia Mönchengladbach 2009/2010
„Es gibt nur eine Borussia“ singt man auch in Gladbach gern und erinnert sich an bessere Zeiten. Der Nichtabstieg mit Hans Meyer war allerdings auch schon eine gute Zeit. Der Meyer-Hans hat geschafft, was nicht wenige Experten für aussichtslos gehalten haben. Nun steht Borussia wieder mal vor einem Neuanfang. Ohne Hans Meyer. Marko Marin hängt jetzt in Bremen von der Decke (schläft aber nachts und nicht tagsüber) , Alexander Baumjohann sitzt in München auf der Bank. Michael Frontzeck schwingt nun das Zepter als Trainer und denkt sich für einen Teil der Marin-Millionen noch etwas Passendes aus. Die Einkaufspolitik ist solide. Einziger Knaller vom Namen her: Bobadilla, Vorname Raul. Argentinier. „Bombadilla“ wird der Boulevard mehr als einmal schreiben, wenn der Stürmer trifft. Und wenn er nicht trifft, reimt es sich wenigstens auf „Chancenkiller“. Zumindest die Boulevard-Presse ist schon mal glücklich in Gladbach. Jetzt müssen die neuen Fohlen nur noch die Fans glücklich machen…

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SC Freiburg 2009/2010
Dass der ehrgeizige Robin Dutt mal als Trainer in der Bundesliga landen würde, war abzusehen, darauf hätte man beim Buchmacher des Vertrauens auch eine Langzeitwette platzieren können. Faire Laufzeit zwischen 5 und 10 Jahren. Dass der ehrgeizige Robin Dutt das viel schneller schafft und auch noch als Zweitligameister, liegt irgendwie auch im Bundesland begründet, Baden-Württemberg. Auch wenn die Badener gerne so tun, als ob sie auf die Württemberger gut verzichten könnten: Bei den Stuttgarter Kickers hat der ehrgeizige Robin Dutt viel gelernt, ist als Übungsleiter gereift, mit jener Zielstrebigkeit, die man den Schwaben gern als Strebsamkeit aufs Butterbrot schmiert. Aber nicht zu dick, schließlich muss man sparen… Das Breisgau hat wieder einen Bundesligisten, nach dem Abstieg des KSC hält nun der SC Freiburg die Badener Farben höchstmöglich. Dass dies auch ohne große Spielereinkäufe gehen muss, daran ist man in Freiburg gewöhnt. Dass man mit äußerstem Ehrgeiz und bewundernswerter Zielstrebigkeit vielleicht mal wieder mehr daraus machen kann als erwartet, darauf darf SC-Fan an der Dreisam wieder getrost hoffen. Und vielleicht kann man ja in Freiburg nach dem einen oder anderen Bundesliga-Sieg mal wieder eine Flasche Bier oder Wein auf öffentlichen Plätzen trinken, ohne direkt verhaftet zu werden…

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FSV Mainz 2009/2010
Gut, dass wir mit der Aufsteiger-Saisonvorschau so faul waren so lange den Redaktionsschluss herausgezögert haben, denn Jörn Andersen ist seit dem Pokalaus in Runde 1 nicht mehr Trainer der Mainzer. Da hätten wir viel schreiben können… So schreiben wir: Herausragend ungewöhnliche Entscheidung, die Zusammenarbeit mit dem Trainer bereits vor dem ersten Bundesligaspiel zu beenden. Merkwürdig. Rekordverdächtig. Konsequent? Letzteres wird sich nach vier oder fünf Spieltagen beantworten lassen. Fest steht: Der FSV Mainz startet denkbar unglücklich in die neue Saison, kommt einfach nicht zur Ruhe. Schlechte Presse, verletzte Spieler, Interimstrainer, Pokal-Blamage — der selbst ernannte Karnevalsverein macht diesem Begriff alle Ehre, aber ein Freudenhaus der Bundesliga sieht anders aus. Die 05er müssen aufpassen, dass sie ihren leidensfähigen Fans nicht einen Dauer-Aschermittwoch als professionellen Fußball verkaufen…

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1. FC Nürnberg 2009/2010
Der Glubb ist kein Depp mehr, seit Michael Oenning das Zepter bei den Franken schwingt. Das Aufstiegsglück ist zum Fahrstuhl-Club zurückgekehrt, und wenn Marek Mintal das Phantom auf dem Platz sein soll, ist Michael Oenning das Phantom der Fußballkultur. Ein Trainer-Neuling, ohne Neuling zu sein, der kein nassforsches Auftreten braucht, um wahrgenommen und ernst genommen zu werden in der Branche namens Fußball, der nicht auf dicke Hose macht, aber schwer was auf dem Kasten hat. Der in medialer Öffentlichkeit eine gute Figur abgibt, ohne sich anzubiedern, vielleicht nicht mit dem schier unbegrenzten Unterhaltungswert eines Hans Meyer, aber dafür auch ohne Sarkasmus, Verbitterung und Dauerironie. Genau ein Jahr ist Oenning Cheftrainer des 1. FC Nürnberg, wenn in der Bundesliga der Ball rollt, und eine sympathische Bescheidenheit hat am Valznerweiher Einzug gehalten, geerdeter Realismus. Große Sprünge machen die FCN-Fans beim leidenschaftlichen Support, der fliegende Teppich zum Abheben ist samt Händler entschwebt. Der Club konnte auf dem Transfermarkt wie die anderen Aufsteiger auch nicht das große Rad drehen, wie die Fans es verdient gehabt hätten, konnte aber die Aufstiegsmannschaft weitestgehend zusammenhalten. Und das kann in der Bundesliga 2009/2010 noch viel wert sein. Schließlich „funktioniert“ nicht nur Phantom Marek Mintal, sondern auch Torwart Raphael Schäfer ausschließlich bei den Glubberern…

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