1. Februar 2006 | Le Pissoir,News | Kommentare deaktiviert für EINMAL KONG IM CAFÉ KING

EINMAL KONG IM CAFÉ KING

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Rankestraße, gar nicht weit vom Kudamm, es gibt es also wirklich, das Café King, die berühmte Lasterhöhle, in der Robert Hoyzer und andere Schiedsrichter sich verführen lassen sollten zu Schweinkram bundesweiter Dimension. Besser bekannt als „WETTSKANDAL“ oder „DER GRÖSSTE WETTSKANDAL“. Es ist Februar, und ich schlage an diesem Sonntagmorgen meinen Mantelkragen hoch, weil es immer stärker schneit in Berlin, wo ich meinen mysteriösen koreanischen Freund Felix besucht und das Ganze mit dem Spiel meines HSV bei der Berliner Hertha verbunden habe. Das Spiel war gestern, der HSV war so was von besser, echt, und hat sich dennoch eine unglaubliche 4:1-Klatsche gefangen. Vor allem unglaublich dumm. Schnee von gestern, mein Sonntagmorgen ist eigentlich ein Mittag, ich bin schon wieder halbwegs nüchtern, aber immer noch schwer übellaunig, obwohl ich schon gefrühstückt und gepackt habe und nachher fahren will. Und vorher noch kurz ins Café King und mal schaun und denen mal die Meinung geigen. Und überhaupt, der Hoyzer soll mir mal über den Weg laufen, der ist ja schon wieder raus aus der Untersuchungshaft.

Rache! Rache für Paderborn, dieses unglaubliche Pokalaus mit einer peinlichen roten Karte für Emile Mpenza und zwei noch peinlicheren, unberechtigteren, lachhafteren Elfmetern gegen den HSV, Hoyzer hat an diesem Tag wirklich Schwerstarbeit geleistet, viele Fotos werden hinterher die ungläubigen (Barbarez), fassungslosen (Lauth, Mpenza), hysterisch erheiterten (Beinlich) Blicke der HSV-Profis Richtung Schiedsrichter zeigen. Kurze Zeit nach dem Spiel hat man diese Bilder noch anders gedeutet, mit dem Glauben an die Unfähigkeit eines jungen Schiedsrichters, der überfordert war, der Aufgabe nicht gewachsen, der sich hat anstecken lassen vom ganzen Pokalsensationsfieber – die Blicke der Profis, na klar, bar jeder Selbstkritik, ungläubig auch ob der eigenen Leistung. Aber von wegen! Manche Dinge, die einem so was von komisch vorkommen, klären sich halt erst viel später auf…

Und jetzt? Was mache ich eigentlich hier, wie ich da so vor dem Café Dings stehe? Ich bin doch eigentlich ein lieber Kerl, weder Bombe noch Baseballschläger unterm Mantel. Wie lautet mein Auftrag? Also erst mal rein, schaun mer mal, und aufwärmen. Aber bestellen werd ich hier nix, so viel steht felsenfest! Mmh, warm! Uaaargh, laut! Und ich dachte, Euro-Dance wäre ausgestorben, dumm von mir. Ist zum relaxten Sonntagsbrunch voll angesagt, in voller Lautstärke, Lounge zum Chillen ist was für die Dörfer, dit hier is Hauptstadt. Die Parole steht eigentlich auf „langer Schuh“ – aber das hier ist alles zu bizarr. Hier sitzt ja wirklich der halbe Balkan beim Brunch (Ante S. sitzt aber woanders), Familien mit Kindern, aber auch Schwarzlederbejackte von der Türstehergewerkschaft, immer so 6-8 an einem Tisch. Willkommen im Klischee, ich bleibe! Gefahrensucher! Mal sehen, wie die ihre Wettscheine ausfüllen und sich um die Kohle streiten. Und die Bedienungen passen da doch gar nicht zu, rennen in Vielzahl in roten King-Poloshirts umher, scheinen echt ok zu sein und suchen mir nen Tisch. Wenn die wüssten…

Na gut, ich bestelle mir nen Kaffee, aber bezahlen werd ich nix, harhar. Und mit dem Zucker rumsauen werd ich auch, so! Aber die Bedienung ist supernett, und was kann sie denn schon dafür, und dann muss sie das nachher selber zahlen und alles wegwischen. Scheißidee! Und keine Chance, Frust abzubauen, die Musik nervt jetzt noch mehr als der ganze Plan, hierher zu kommen. Der schnellste Kaffee meines Lebens, zahlen, bitte, danke. Und jetzt raus hier. Aber erst noch aufs Klo, misstrauisch beäugt von den Lederjacken-Brunchern. Paranoia ist auch eine schöne Krankheit, denke ich beim Urinieren. Leider ist der Brechreiz nicht stark genug, der beim Betrachten des Schaukastens auf dem Weg zur Toilette aufkam – die Fotos von denen können einem echt den Rest geben. Aber nur Wut kommt wieder hoch, das Frühstück bleibt unten. Wie treten Hooligans noch mal gleich Pissbecken von der Wand? Mmh, dafür sollte man zu zweit sein. Die Toiletten verstopfen, denke ich, als ich mir die Hände mit dem grünen Wegwerfpapier abtrockne, das ginge hiermit ja wohl super alleine. Und: Scheiße, Edding vergessen!

Als ich das Café verlasse, bin ich mit mir im Reinen. Die Sonne scheint. Wie gut, dass ihr hier alles Arschlöcher seid, denke ich. Wie gut, dass ich manchmal auch eins sein kann.

BUCK LEBOWSKI