28. April 2006 | Le Pissoir,News | Kommentare deaktiviert für VERZOCKT

VERZOCKT

Scheinheilig oder zynisch? Was Karl-Heinz Rummenigge da auf der Pressekonferenz zum Münchner Stadiontheater über die Lippen kam, war es schon wert, genau hinzuhören: Man habe die Wahl gehabt zwischen Pest und Cholera, und zwar beide Vereine, der FC Bayern und der TSV 1860 München, und er wisse nicht, wer nun was bekommen hätte, wer Pest, wer Cholera. 1860 München, das nach dem radikalen Kurs der Ära Wildmoser nun erst kurz vor der Insolvenz von ganz anderen Strategen eingebremst wird, indem es seine kompletten Stadionanteile für die Summe von 11 Millionen Euro an den FC Bayern überschreibt, wird dagegen sehr genau wissen, was man da gerade bekommen hat, welchen Becher die eigene Anhängerschaft mit der milden, selbstlosen Gabe des roten Stadtrivalen da ausgetrunken hat, wie sich die eigenen Fans nun fühlen müssen. Ein Komödienstadl der Gefühle ist es sicher nicht. Eher Frustsaufen im Hofbräuhaus.
Aber wer hat sich denn nun alles verzockt? Nur der Wildmoser, der alleinige Sündenbock, wie uns Uli Hoeneß bei der Pressekonferenz weismachen möchte? Oder auch der FC Bayern, der laut Hoeneß seine Transferaktivitäten trotz der nun nicht einkalkulierten gesamten Stadionlast für die Allianz-Arena für die nächsten (vier) Jahre auf gar keinen Fall werde einschränken müssen? Pfeifen im Walde? Oder ist der FC Bayern in der Tat so gut aufgestellt, dass man das Prestigeobjekt, das neueste Wahrzeichen von München ohne Einschränkungen alleine stemmen kann? Wenn ja, klingt das weder nach Pest noch nach Cholera, sondern nach einem richtig guten Geschäft. FANartisch meint: spannende Fragen angesichts der Hoeneßschen Aktivitäten auf dem Transfermarkt und der minimalen Erfolge des FC Bayern auf europäischem Parkett. Wir lauschen weiter auf die Zwischentöne aus München – und den Heiligenschein gibt’s von uns dann erst später, nachträglich…

BUCK LEBOWSKI