2. Januar 2006 | Le Pissoir,News | Kommentare deaktiviert für TAGEBUCH EINES FUSSBALLHASSERS #2 – Bekenntnisse eines Ignoranten von geringem Sachverstand

TAGEBUCH EINES FUSSBALLHASSERS #2 – Bekenntnisse eines Ignoranten von geringem Sachverstand

Ja, warum bloß? Nur weil man nicht weiß, wie es ausgeht, wie aus vorgeblich berufenem Mund verlautbart worden ist? Das weiß man beim Tatort auch nicht (allerdings will man es da noch viel weniger wissen, weil die Qual, bis zum Ende zuschauen zu müssen, noch größer ist). Nein, der Grund muss viel tiefer liegen, buchstäblich, in entwicklungsgeschichtlich mindestens dem Pleistozän zuzurechnenden Gehirnregionen, sozusagen in der Kinderstube des Homo sapiens. Schauen wir uns doch zum Vergleich einen durchschnittlichen deutschen Kindergarten an. Wo liegt der Unterschied, davon abgesehen, dass nicht jede Woche einmal die halbe Nation zugeschaltet ist? Es gibt keinen, außer dass es sich auf dem Fußballfeld um erwachsene Männer handelt, die in bunter Kinderkleidung herumwimmeln und sich um ein Spielzeug kloppen. „Jetzt gib aber dem Kevin auch mal den Ball, hörst du? Willst du wohl hören?“

Auf den Rängen, insbesondere in den VIP-Logen, geht es nicht weniger infantil zu. Fast wähnt man sich auf einem Spielplatz, wo die Muttis aus unerfindlichem Stolz ihre missratenen Sprösslinge auf einer nur ihnen intellektuell zugänglichen Vergleichsskala einsortieren: „Meiner ist der Schönste“, behaupten die strähnchenblondierten Fußballerweibchen stolz, zeigen ihre Zahnkronen, um Stutenbissigkeit zu demonstrieren, und rücken sich die überdimensionalen blaustichigen Gucci-Brillen zurecht, mit denen sie ihre ausdruckslosen Lärvchen glasieren, nur damit es ordentlich zurückblitzt, wenn man sie mal fotografieren sollte – aber wer will das schon?

Diese verruchten Arschgeweihten jedenfalls bringen mit Vorliebe den gemeinsamen Nachwuchs namens Orlando-Chantal mit ins Stadion, damit der Papa sich noch bescheuerter aufführen darf, wenn er ein Tor geschossen hat. Ansonsten wird auf dem Rasen – wie im Kindergarten – ordentlich getreten, der Wortschatz der Beteiligten erreicht qualitativ und quantitativ bestenfalls Krabbelgruppenniveau, und sobald einer da unten irgendwelche Karten herzeigt, sind die anderen schwer beeindruckt – wie beim Yu-Gi-Oh in der Grundschule, wenn einer das Maximalmonster hat. Und das soll nun der soziale Kitt sein, der ständeübergreifend Jung und Alt, Mann und Weib, Arm und Reich im Spiel versöhnt?
(Fortsetzung folgt…)

M.O.

[unverhofft auf dem Dachboden gefundene Tagebücher wie dieses spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider]